Jung wählt anders: Was die Juniorwahl an der MLS über die politische Haltung der Jugend verrät (Lea Pfeifer, 11. Klasse)
Am 23. Februar 2025 fand in Deutschland eine vorgezogene Bundestagswahl statt, nachdem die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP zerbrochen war. Auch an der MLS wurde wieder die „Juniorwahl“ durchgeführt. Wahlberechtigt waren rund 350 Schülerinnen und Schüler aus den Jahrgangsstufen 10 bis 13 sowie eine Klasse der Jahrgangsstufe 9. Von diesen gaben 292 ihre Stimme ab, was einer Wahlbeteiligung von 83,43 % entspricht.
Mit 25,2 % der Stimmen ging die Linke als klare Siegerin der Juniorwahl hervor. Knapp dahinter folgte die CDU mit 23,8 %, während die SPD mit 16,2 % einen deutlicheren Abstand zur Spitzenposition hatte. Des Weiteren überschritten die Grünen (12,8 %) und die AfD (6,9 %) ebenfalls die Fünf-Prozent-Hürde und würden in einem fiktiven „Bundestag“ vertreten sein. Deutlich schlechter schnitten die FDP, das BSW und Die PARTEI ab. Eine Regierungsbildung wäre auf Basis dieser Ergebnisse schwierig. Die CDU lehnt eine Koalition mit der Linken ab, während eine Mehrheit aus Linke/SPD oder Linke/Grüne nicht zustande käme. Eine Regierung wäre daher nur durch ein Dreierbündnis möglich.

Wahlergebnis Juniorwahl 2025
Vergleich zur Bundestagswahl
Die Ergebnisse der Juniorwahl weisen Parallelen zur echten Bundestagswahl auf, insbesondere bei den „Volksparteien“. Die Union erreichte bundesweit 28,5 %, die SPD 16,4 %. Auch der Stimmenanteil der Grünen sowie der Misserfolg von FDP und BSW ähneln den Ergebnissen der MLS-Schülerwahl. Ein deutlicher Unterschied zwischen den wählenden MLS-Schülern und den echten Wahlergebnissen bilden die Ergebnisse der AfD und der Linken. Die vom Verfassungsschutz als in Teilen gesichert rechtsextrem eingestufte AfD bekommt bei der Bundestagswahl 20,8% der Stimmen: in Umfragen war die Zustimmung für die Partei noch höher, besonders in jüngeren Altersgruppen. An der MLS hingegen blieb ihr Ergebnis mit 6,9 % vergleichsweise schwach. Die Linke hatte bei der Bundestagswahl ein unerwartetes Comeback mit 8,7%; trotzdem kein Vergleich zu den 25% bei der Juniorwahl. Nicht nur die MLS Juniorwahl zeigt die hohe Popularität der Linkspartei bei jungen Wählern: betrachtet man die bei der Bundestagswahl abgegebenen Stimmen der Wähler von 18 bis 24, siegt auch dort die Linke mit 25% der Stimmen. Als zweitstärkste Partei hätten 18 bis 24-Jährige mit 21% die AfD gewählt.
Vergleich zur letzten MLS Juniorwahl (Europawahl 2024)
Zieht man den Vergleich zur letzten Wahl der MLS-Schülerschaft, die erst vor einem Jahr zur Europawahl 2024 stattfand, zeigen sich deutliche Veränderungen. Die SPD als damalige Wahlsiegerin verliert drei Prozentpunkte von 19,5% auf 16,2%. Die CDU könnte hingegen von 18,3% auf 23,8% zulegen. Besonders auffällig ist der starke Zugewinn der Linken: Sie steigerte ihr Ergebnis um mehr als das Fünffache von 4,4% auf 25,2 %. Große Verluste macht die FDP bei den MLS-Schülern: sie fiel von 14,3% auf 3,8%. Interessant ist ebenfalls, dass der Stimmenanteil für die AfD seit der letzten Juniorwahl kaum zugenommen hat (von 6,4% auf 6,8%). Dies steht im Widerspruch zum allgemeinen bundesweiten Trend, bei dem die AfD Zugewinne verzeichnete.
Kommentar zum Wahlergebnis
Das Ergebnis der Juniorwahl folgt in vielen Aspekten den allgemeinen Trends der Bundestagswahl. Einer der Gründe könnte sein, dass Schülerinnen und Schüler den prägenden Themen des Wahlkampfes gleichermaßen stark ausgesetzt waren wie andere Altersgruppen. Migration, innere Sicherheit, soziale Sicherheit, Wirtschaft, Verteidigungspolitik und Schutz der Demokratie: Themen, die in allen Medien in den vergangenen Monaten sehr präsent waren.
Das schlechte Abschneiden der Regierungsparteien lässt sich mit dem Bruch der Ampelkoalition erklären. Besonders sichtbar ist der Absturz der FDP: Christian Lindner, der als Finanzminister von Olaf Scholz entlassen wurde, und danach versuchte, das Image der FDP zu verbessern, ist daran gescheitert: besonders sichtbar bei den jungen Wählern der MLS.
Die CDU hat im Wahlkampf versucht zu verdeutlichen, dass sie eine klare Kante bei der Migrationspolitik verfolgt, was unter anderem in einer umstrittenen Abstimmung mit der AfD im Bundestag sichtbar wurde. Diese „Annäherung“ führte deutschlandweit zu Protesten für die Einhaltung der „Brandmauer“ und galt für einige Wähler als Grund, die CDU nicht zu wählen. Die Geschehnisse führten trotzdem nicht zu einem massiven Scheitern der CDU. Möglicherweise waren sie sogar ein Grund für Schüler, sich gegen die AfD und für die CDU zu entscheiden.
Betrachtet man das Wahlverhalten der jungen Wähler, sticht bundesweit der Erfolg der AfD und der Linken stark heraus. Der Erfolg von Parteien der politischen Ränder und die abnehmende Popularität von Parteien der politischen Mitte kann mit Verlust von Vertrauen in und hoher Unzufriedenheit mit bisherigen Regierungen in Verbindung gebracht werden. Besonders die AfD nutzt soziale Medien schon lange gezielt, um junge Wählerinnen und Wähler zu erreichen. Die einzige Partei, die dem Erfolg der AfD dahingehend nahe kommt, ist die Linke. Sie konnte im vergangenen Jahr besonders mit Hilfe der Popularität der Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek eine große Reichweite erlangen. Dabei versuchte die Partei, den Blick zunehmend auf ihr Parteiprogramm zu lenken, in dem ein Fokus auf soziale Gerechtigkeit und Entlastung für Menschen mit geringerem Einkommen gelegt wird.
Die AfD schnitt vergleichsweise schlecht ab: Ein möglicher Grund dafür könnte ein hohes Bewusstsein der MLS Schülerschaft über die die kritisch zu betrachtende nationalistische und rechtspopulistische Ideologie der Partei sein. Gleichzeitig spricht das starke Abschneiden der Linken dafür, dass viele junge Wählerinnen und Wähler vor allem sozialpolitische Themen als entscheidend empfanden.